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21. Juli 2023

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Internationale Energie-Agentur: Ein neuer Gasmarkt entwickelt sich

Nach dem Angebotsschock des vergangenen Jahres entwickelt sich laut der Internationalen Energie-Agentur (IEA) ein neuer globaler Gasmarkt. In ihrem kürzlich veröffentlichten Bericht über die globale Gasversorgungssicherheit 2023 betont die IEA, dass Europa nun eine zentrale Rolle im LNG-Markt spielt. Anders als 2021 ist Europa nicht mehr nur der Markt, der mit Gas beliefert wird, um das globale Angebot und die Nachfrage auszugleichen.

Raimund Zangl Geschaeftsfuehrer

Raimund Zangl

Europa hat sich stattdessen zu einem bedeutenden Absatzmarkt für LNG entwickelt. Der Anteil der LNG-Lieferungen ist seit dem Wegfall von Gas aus Russland im Jahr 2023 von 20 Prozent auf über 35 Prozent gestiegen. Mit dem Anstieg der LNG-Lieferungen steigt auch der Anteil des Spotmarktes am europäischen Gasbeschaffungsportfolio deutlich an. Während es 2021 nur 20 Prozent waren, sind es in diesem Jahr bereits über 50 Prozent. Die Analysten der IEA sind der Meinung, dass es langfristig ein gutes Gleichgewicht zwischen langfristigen Bezugsverträgen mit Anbietern außerhalb Russlands und der Abdeckung über einen immer liquider werdenden Spotmarkt geben sollte.

Im Jahr 2022 haben europäische Unternehmen LNG-Verträge mit einem Volumen von 15 Milliarden m^3/a abgeschlossen - die höchste Menge der letzten fünf Jahre. Im Jahr 2021 wurden nur Verträge mit einem Volumen von vier Milliarden m^3/a abgeschlossen. Dennoch sind internationale Portfolio-Anbieter mit einem Vertragsvolumen von 24 Milliarden m^3/a und asiatische Unternehmen mit 22 Milliarden m^3/a immer noch die wichtigsten Akteure auf dem globalen LNG-Markt.

Die großen Ölkonzerne wie Shell, BP und Total Energies spielen seit dem Winter 2021/22 eine entscheidende Rolle bei der Versorgung Europas mit flexiblem LNG, wie der Bericht zeigt. Die Hälfte der zusätzlichen LNG-Mengen in Europa stammt aus deren Portfolios. Die Veränderungen auf dem LNG-Markt durch den Wegfall der russischen Lieferungen zeigen sich jedoch auch auf der Angebotsseite. Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine wurden Investitionsentscheidungen in Höhe von 90 Milliarden m^3/a für neue Verflüssigungskapazitäten getroffen, wobei 95 Prozent davon auf die USA entfallen.

Dennoch gibt die IEA keine Entwarnung für den Winter 2023/24. Die neuen Kapazitäten werden erst ab Ende 2024 schrittweise am Markt verfügbar sein, warnt die IEA. Bis dahin bleibt der Markt angespannt. Die IEA hat verschiedene Szenarien für den nächsten Winter berechnet. In allen Szenarien wird angenommen, dass auch die letzten russischen Pipeline-Lieferungen in die EU nicht mehr verfügbar sind. Wenn der Winter dann kalt ist und die LNG-Lieferungen auf dem Niveau des letzten Winters bleiben oder um zehn Prozent sinken, werden die Speicher in der EU im März nur noch zu weniger als 30 Prozent gefüllt sein. Dieses Niveau birgt laut IEA ein Risiko von Versorgungsunterbrechungen.

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